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Transpersonale Psychologie und Psychotherapie
Die Frage des
Monats
September 1997
November 1997



Die Frage des Monats Oktober 1997 lautet:

Welche Bedeutung haben die christlichen Kirchen
für Ihre Spiritualität?
Was ist der Grund dafür?

Auf diese Frage gingen 14 Antworten ein.
Herzlichen Dank für die Beteiligung.

Friedhelm Pielage



1. Ich bin nicht spirituell interessiert.

2. Mit den Großkirchen verbinde ich Hierarchie, Dogmatismus, ständig wachsende staatliche Privilegien, Frauen- und Sexualfeindschaft, eine inhumane Lehre eines größenwahnsinnigen (Jesus) und eine blutige Verfolgungsgeschichte Andersdenkender.

5.10.97, Rudolf (35)


Gar keine. Fast alles, was ich vom Papst höre, ärgert mich nur. Die evangelischen haben geschmacklich etwas bessere Ansätze gezeigt, und Jürgen Fliege, Drewermann und diese mutige Frau, deren Name mir momentan nicht einfällt, die echte Öffentlichkeitsarbeit machen, haben mich schon beeindruckt. Die Reaktionen der Amtskirche jedoch zeigen mir, daß ich mit ihr nichts zu tun haben will.

Der Besuch beispielsweise eines Gottesdienstes hat ja auch nichts mit Glauben zu tun, sondern höchstens mit Frömmigkeit - für einige sicherlich auch mit sozialer Pflichterfüllung (besonders in den USA. Mein Glauben setzt sich zusammen aus indischen/fernöstlichen Lehren, aber auch aus christlichen, mit denen ich mich im wesentlichen in meiner esoterischen Lernzeit auseinandergesetzt habe und mir mein Weltbild da herausgezogen habe.

Das alles bedeutet nicht, daß ich keine Achtung davor habe, was die Pfarrer/innen leisten. Sie haben z.T. ausgezeichnete Fähigkeiten, die ich hoch schätze, wie Zuhören, Trauerarbeit mit durchstehen, "Dasein" für andere. Da aber nach der Bedeutung der christlichen Kirchen für ... gefragt wurde und nicht des "Christentums" oder "von Jesus Christus", muß ich sagen: keine.

5.10.97, Jürgen (36)


Große. - Ich habe meine Spiritualität (falls sie wirklich vorhanden ist) in einer christlichen Kirche erlernt und fühle mich in diesem Raum auch wohl.

5.10.97, Friedrich (54)


Keine. Ich glaube nicht dass organisierte Religiositaet die spirituelle Entwicklung nachhaltig foerdert, sondern eher eine Spielwiese fuer Egotrips bietet. Zwar wird in verschiedenen Traditionen der Wert der spirituellen Gemeinschaft betont (christliche Messe, buddhistischer Sangha). Aber die Erfahrung der höchsten Realität bleibt (von außen betrachtet) eine individuelle Einsicht, die nicht adäquat mitgeteilt werden kann.

Auch sind die sozialen Strukturen der Christlichen Hauptkirchen von den gleichen Mustern geprägt wie andere Sekten auch: Machtmißbrauch und Unterwürfigkeit, Verkündigung eines geschlossenen Weltbildes und Unterordnung des Verstandes, Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit statt Befreiung. Aber daß spricht nicht unbedingt gegen Sekten im allgemeinen, weil das schwer vermeidbare Gruppenprozesse sind, die sonst anderswo stattfinden würden.

6.10.97, Rainer (37)


Für mich war immer ein kleiner Kreis von Leuten sehr wichtig, zu denen ich mit meinen Problemen und Fragen kommen kann und wo keiner so richtig eine Expertenrolle übernimmt (da in spirituellen Fragen jeder nur für sich alleine ein Experte sein kann). Das findet man in der Kirche gar nicht... Und das finde ich manchmal auch schade.

6.10.97, Helena (23)


Komische Frage! - Für die Spiritualität ist alles von Bedeutung, denn sie umschließt alles. Nichts ist da besonders bedeutend oder unbedeutend. Bin ich spirituell, werde ich es überall sein (und brauche keinen besonderen Ort dazu), bin ich es nicht, kann mir die Kirche - egal welche - auch nicht helfen.

7.10.97, Gaby (35)


So gut wie keine! - Ich fühle mich nicht angesprochen und wundere mich immer wieder,

1. welche Themen für wichtig erachtet werden

2. wieviel von Ökumene die Rede ist und wie sich die Potentaten verhalten

3. wie stark die - meines Achtens Christus-nächste - Befreiungstheologie innerhalb der (katholischen) abgelehnt wird und vieles mehr ...

7.10.97, Johann (42)


Eine Institution, deren Ziel es ist, aus Religiosität und spirituellen Bedürfnissen einer großen Masse legal eine Religion zu machen. Historisch gesehen machte dieses Ziel sowohl Sinn als auch Unsinn. Sinnvoll und psychologisch hilfreich ist die christliche (und nicht nur die christliche) Kirche in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen und/oder Naturkatastrophen (siehe z.B. den Zusammenhalt der christlichen Gemeinde im Dritten Reich), Engagement für "geschädigte Bevölkerungsgruppen" (3. Welt).

Großen Unsinn baute die institutionalisierte Religion (sprich katholische Kirche) im frühen bis ausgehenden Mittelalter (siehe Ablaßkrämerei) sowie in der späten Neuzeit, bereits unter dem Einfluß des Protestantismus (Inquisition und Hexenverbrennung).

Die Institution Kirche birgt, gerade aufgrund ihrer spirituellen "Macht" nicht nur Hilfe, sondern auch die Gefahr, bestehende Masseneuphorien - seien sie nun gerade "rechtmäßig" oder nicht - zu schüren und unter einem Deckmantel zu legalisieren. Der Protestantismus hat nicht nur das Individuum weitgehend als "unmoralisch" verurteilt, sondern auch der Frau den zweifelhaften "Aufstieg" von der Hexe zum treuen, unterwürfigen Geschöpf ermöglicht, dessen Kinder-Küche-Kirche-Identität noch heute vielfach zu finden ist.

Wer sich einmal die Zeit nimmt und die Johannes-Passion von J.S. Bach wirklich aufmerksam hört, der wird gerade dort eine Kritik an jenen Masseneuphorien finden - die, leider, in diesem speziellen Fall gegen das Judentum gerichtet ist.

Warum wird hier eigentlich nur von *christlichen* Kirchen gesprochen? Wo bleiben die Juden, die Moslems...etc???

Fazit: Die Institution Kirche hat derzeit nichts mehr mit individuellem Glauben zu tun. Solange sich, wie in Irland, Katholiken, Protestanten und Minderheiten grausame Gefechte bieten, hat die Kirche nicht nur "irgendwas falsch gemacht", sondern schlicht und einfach als Institution versagt! Ich persönlich bin von der Institution Kirche enttäuscht! Es geht hier um MENSCHEN - nicht um die Rechtfertigung einer (wenn auch historisch gewachsenen) Ideologie!

7.10.97, Marianne (36)


Obwohl ich (protestantischer) Christ bin, hat die Kirche für meine Spiritualität so gut wie keine Bedeutung. Sie ist der religiös-kulturelle Hintergrund, vor dem sich meine Spiritualität entwickelt hat. Aber das ist lange her. Ich habe zu dieser religiös-kulturellen Tradition ein ambivalentes Verhältnis: einerseits kenne ich die unchristliche Geschichte eben dieser Kirche, halte die Dogmen für absurd; andererseits sehe ich in der Kirche dennoch eine berechtigte Institution, insofern sie für Gerechtigkeit, Solidarität, Schöpfungsbewahrung, Frieden, Barmherzigkeit, Versöhnung ... eintritt. Und das tut sie ja zweifellos (nicht immer, aber immer öfter ;-). Mit meiner Spiritualität hat das allerdings (so gut wie) nichts zu tun. Dazu brauche ich die Kirche nicht.

7.10.97, Gunter (52)


Die Kirche regt bei mir in erster Linie zum Nachdenken und diskutieren an. Grund hierfür ist die Predigt.

7.10.97, Werner (23)


Keine (mehr).

15.10.97, Hermes (?)


Verlautbarungen der "Kirchen" nehme ich mir nicht sehr nahe. Wer sind denn die, die im Namen der Kirchen zu reden vorgeben? Für meine Spiritualität zählen schon eher die Bibel (vor allem wegen ihrer Weite und Kratzbürstigkeit) und glaubend handelnde Personen. An der hoch gesteckten Ziellatte der Menschlichkeit Jesu halte ich aber fest. Die Kirchen sind "nur" die Wasserleitung über die Jahrhunderte, das Lebenswasser aber zählt.

23.10.97, Edlef (41)


Durch die christliche Mystik habe ich ein tiefes Verständnis von Spiritualität und eine meditative Praxis gelernt. Ich pflege das Herzensgebet der orthodoxen Tradition.

25.10.97, Maximilian (50)


Keine Bedeutung - aufgrund schlechter Erfahrungen mit der "Institution" Kirche, habe ich mich schon als Kind von dieser Einrichtung isoliert. Nicht nur die furchtbaren Kirchenlieder, das erdrückende Gebäude und die harten Bänke, haben dazu geführt. Auch der aufgezwungene Konfirmandenunterricht und der dazugehörende Pfarrer waren mir ein Graus.

28.10.97, anonym (?)



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© 1997 Friedhelm Pielage